Notizen zur AfD

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In Gestalt ihrer Nachfolger hat mich die Geschichte von den Verdiensten Angela Merkels überzeugt. Die Breitenwirkung des Adjektivs „alternativlos“ gehört jedoch nicht dazu. Wenn in den letzten Jahren die „Alternative für Deutschland“ immer weiter an Boden gewonnen hat, so verdankt sich das auch einer Politik, die sich nicht als Kunst des Möglichen, sondern als Technologie des Notwendigen verstanden hat. Wenn man unter der angeblich alternativlosen Wirklichkeit leidet – und es gibt Grund, das zu tun –, bleibt einem wenig anderes übrig, als mehr oder weniger reflexhaft auf das Angebot einer Alternative zu reagieren. Parteiprogramme werden nicht gelesen. Was zählt, ist die Verheißung einer Alternative überhaupt. Sie greift in beiden Teilen Deutschlands und zieht eine große Zahl von Wählerinnen und Wählern an. Im Osten kommt die Erfahrung dazu, um eine Alternative, die man ersehnte, für die man gekämpft hatte und auf die man Anspruch zu haben glaubte, betrogen worden zu sein. Das macht den numerischen Unterschied zwischen den AfD-Wählern in beiden Teilen Deutschlands aus.

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Kann es sein, dass das, was die AfD im deutschen Osten so attraktiv macht, vor allem ihr Name ist? Erinnerungen an die Jahre 1989 ff. schlagen hoch, da wurde eine Alternative zu der Bedrückung gesehen, unter der alle litten, und sie stand mit einem Mal greifbar vor Augen. Als sie aber verwirklicht wurde, war es keine. An die Stelle der Diktatur einer Partei trat die Diktatur eines Wirtschaftssystems, das alles nach Leistung bemaß, und die unverwendbaren Arbeitskräfte in Armut oder Fremde schickte. Die Alternative war keine; damit empfiehlt sich diejenige, die es jetzt zu sein behauptet. Was sie freilich proklamiert, ist die Alternative der Alternative, der Weg zurück: geschlossene Grenzen statt offener. In der Forderung, das Land abzuriegeln gegen die Eindringlinge, steckt auch ein Moment der Selbstbestrafung für den Fehler, den man damals beging, als man die Öffnung des Landes forderte. Das Land, von dem die Alternativen dieser Tage träumen, ähnelt der DDR. Deswegen haben sie hier so viel Erfolg.

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Dass jetzt so viele gegen die AfD auf die Straße gehen, verdankt sich auch einem heimlichen Wettbewerb. Jede Stadt von nennenswerter Größe möchte jetzt die anderen übertrumpfen und zahlenmäßig als Vorkämpferin im Kampf gegen Rechts dastehen. 100.000 in München und Düsseldorf, und, naja, immerhin 5.000 in Frankfurt an der Oder. #wirsindmehr! Es kommt nicht darauf an, was man bewirkt, sondern wie man gesehen wird. Die Partei, die es betrifft, kann damit leben. Ihre Anhänger gehen schon lange nicht mehr demonstrieren, das haben sie sich nach dem landesweiten Protest gegen die Einführung von Hartz IV, der ein völliger Fehlschlag war, abgewöhnt. Da können die da oben ruhig die Straßen bunt beflaggen. Sie machen demnächst das Allerschlimmste. Sie gehen wählen.

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